4 Wies und 5 No-Gos
„Danke, das hat Spaß gemacht.“, sagte neulich eine Klientin zu mir, zum Abschied an der Tür.
Wenn nach der Verarbeitung eines Missbrauchs-Themas eine Klientin so etwas zu mir sagt – dann muss definitiv irgendwas richtig gelaufen sein. Und zwar sehr richtig.
Viele Klienten kommen mit heftigen Themen zu mir. Schwer, erdrückend, einsperrend.
Vielleicht mögen manche Leser denken:
Was bildet sich die Schlautmann ein, über so etwas lachen zu können?
Respektlos!
Nimmt die ihre Klienten mitsamt der Schwere ihrer Themen nicht ernst?
Ich sehe es komplett anders:
Wer nicht lacht, nimmt das Wunderbare des Lebens nicht ernst. Zollt dem Leben nicht den gebührenden Respekt. Das Leben ist ein Geschenk.
Wir nehmen uns und unsere Probleme zu oft viel zu ernst, geben ihnen eine Macht, die sie nicht verdienen. So übernehmen die Probleme unsere Kontrolle. Wir werden zu Opfern der Probleme, Opfer unserer selbst, handlungsunfähig.
Ein wichtiger Aspekt meines Tuns ist es daher, gemeinsam mit Ihnen auszubrechen aus Ihrem metaphorischen Gefängnis. Handlungsfähig zu werden. Die Kontrolle über das Leben, über die eigene Zufriedenheit und, ja, auch über das eigene Lächeln zurück zu erlangen.
Vorneweg:
Als ein ganz besonders starkes Element des Trauma-Coachings stochern wir NICHT analytisch-statisch-schwer in der Bedrohlichkeit des Traumas.
Trotzdem bekommt das prägende Trauma, der Klient und seine aktuelle ernsthafte Situation die Beachtung, die es verdient. Respektvoll und wertschätzend.
Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Wer zudem noch lernt zu augenzwinkern, anfangs distanziert und ungläubig. Gegen Ende mit Freude. Der erhält sein Lächeln zurück. seinen Weg hinaus aus der Dunkelheit. Hinein in die Aktivität und Handlung.
Hinein ins Leben.
Ganz egal, was einmal war.
Wie das geht:
Ähnlich wie beim provokativen Coaching auch bedarf die Kombination von Augenzwinkern und Trauma sehr viel Fingerspitzengefühl, Offenheit und Erfahrung.
1) Die Ernsthaftigkeit muss erhalten bleiben
Klienten, die sich ausgelacht oder gar durchgeschleust fühlen, die gibt es bei mir nicht.
Im Gegenteil.
Sie spüren in jeder Sekunde, wie ernst mir ihre Themen und ihr Seelenheil ist. Denn das aktuelle Thema stellt ein großes Problem dar. Mitunter sogar ein extrem großes. Da ist ausreichend Respekt, Ernsthaftigkeit und ausreichend Zeit selbstredend.
Wichtig:
Es gibt für mich kein objektiv gesehenes „richtig großes“ Problem. Völlig losgelöst von der ICD-10. Welches Erlebnis wie stark seine Spuren in der Seele hinterlässt, das hängt von vielen Faktoren ab.
2) „Ich habe die Macht, meine Probleme zu entmachten.“,
Ein weiterer Satz eines meiner Klienten – und er ist so wahr.
Durch die Fähigkeit des Augenzwinkerns werden neuronale Verknüpfungen im Gehirn befeuert, die nicht nur das Erlebte verkraftbarer machen. Sie sorgen auch für mehr Handlungsfähigkeit. Und für Kontrolle über sich selbst.
Gekoppelt mit der Erkenntnis, die Macht in sich zu haben, wird das Augenzwinkern zu einem starken Werkzeug im Trauma-Coaching.
3) Sich selbst mal nicht so bierernst nehmen
Jedes respektvoll-wertschätzende Betrachten des Traumas, bei dem wir es gleichzeitig nicht ausschließlich so ernst nehmen, intensiviert diese neuronale Datenautobahn, baut sie aus. Hin zu mehr Leben, Schmunzeln, Zufriedenheit.
4) Posttraumatischer Wachstum – ein Trauma als Chance
Was sich jetzt noch paradox liest, ist ein wissenschaftlich nachgewiesenes Phänomen: Wir können an den schlimmsten Erlebnissen wachsen.
Ein Trauma – Coaching mit Augenzwinkern schafft es, dass Sie herauskommen aus Ihrer starr-analytischen Denk- und Gefühlsspirale.
Dann können wir deutlich leichter die daraus entstandene Stärke erkennen und für uns zu nutzen lernen.
Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, lesen Sie gern meinen dazugehörigen Blogartikel.
Ein großes ABER: Wichtige Voraussetzungen und No-Gos
Ein Trauma-Coaching mit Augenzwinkern ist nicht Jedermanns Sache.
Es ist nichts für
1) Coaches, ohne Trauma-Erfahrung
Erfahrungsgemäß hat sich ihr Fingerspitzengefühl noch nicht ausbilden können – zu schnell kann die für sie bis dato erfolgreiche humorvolle Leichtigkeit dazu führen, dass Klient und Trauma ungewollt ins Lächerliche gezogen werden.
2) Coaches, die sich nicht gut abgrenzen können
Empathie und Mitschwingen sind wertvolle Voraussetzungen für das Augenzwinkern-Fingerspitzengefühl. Ein absolutes No-Go ist jedoch ein mit-leidender Coach / Therapeut.
3) eine Coach-Klient-Beziehung ohne sehr guten Rapport
Ein gutes Beziehungsgefüge ist die essenzielle Basis dafür, dass der Klient sich wohl fühlt und das Trauma-Coaching Früchte tragen kann.
4) ein Klient mit Faible für die klassische Psychotherapie
Er möge bitte den klassischen Weg wählen.
5) eine Drama-Queen / ein Drama-King
Ja, wir dürfen uns in unserem Elend auch mal suhlen. Doch nur ein Blick nach vorn ermöglicht eine Traumaheilung durch einAugenzwinkern. Die Bereitschaft zur Beendigung eines Dramas ist essenziell.
All die Wies und noch viel mehr genoss die eingangs zitierte Klientin kürzlich gemeinsam mit mir.
Und, ja, liebe Klientin auch mir hat es sehr viel Spaß gemacht.