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Zwischen Sommerzeit und Seelenzeit – Was die Zeitumstellung mit unserer Psyche macht

Zweimal im Jahr spielen wir ein kleines Bisschen Gott: Wir drehen an der Zeit.
Und während die Einen fast jubeln: „Endlich wieder länger hell!“, murmeln Andere eher müde: „Ich brauch’ mehr Kaffee durch diese Stunde.“

Doch was passiert eigentlich in uns? Was ist das Warum – neurobiologisch, evolutionär und gesellschaftlich betrachtet?

Und warum kommt der Eine damit klar, während die Andere sich fühlt, als hätte ihn ein Bus überfahren?

Wir tauchen ein….


Aus Sicht der Evolution: Das Hirn ist keine Digitaluhr

Unser Gehirn liebt Rhythmus.

Ja, auch den der Musik, hier ist jedoch der Wechsel von Licht und Dunkelheit gemeint.

Seit Millionen von Jahren steuert die Sonne unsere innere Uhr z.B. über das Hormon Melatonin, das bei Dunkelheit steigt und uns müde macht. So soll es sein.

Wenn wir die Uhr verstellen, ändert sich für die Sonne nichts. Aber Entscheidendes für uns: Die Amygdala (unsere kleine Alarmanlage im Kopf) schaut kurz irritiert auf: „Moment, wieso ist es plötzlich hell, wenn ich schlafen will?“

Denn früher bedeutete „hell“ -> Jagen, sammeln, überleben, angeknipst sein.
„Dunkel“ → zurück in die Höhle, Feuer an, Erholung finden.

Das ist ein ganz wichtiger Rhythmus für unser Wohlbefinden. Vagusnervregulation.

Unser Nervensystem braucht jedoch Tage, um sich umzugewöhnen – weil es evolutionär nie vorgesehen war, dass Menschen plötzlich an einer globalen Uhr drehen.


Neurobiologisch betrachtet: Mini-Jetlag für alle

So wird vielleicht schon klar:
Die Zeitumstellung wirkt wie ein Mikro-Jetlag, besonders für feinfühlige Nervensysteme.
Das Hormonchaos rund um Melatonin und Co. dauert im Schnitt 3–5 Tage – bei Kindern und Senioren gern etwas länger. Cortisol, Serotonin und Melatonin tanzen Walzer, nur leider nicht im gleichen Takt.

Besonders betroffen:

  • Kinder – deren Schlafrhythmus ohnehin ein Abenteuer ist.
  • Jugendliche – deren biologische Uhr sowieso lieber in der Nacht lebt.
  • Feinfühlige Menschen – sie spüren jeden kleinen Wechsel in Licht, Stimmung und Geräuschkulisse.
  • Struktur-Liebende – sie hassen Chaos, selbst wenn es nur 60 Minuten lang ist.

Und wer hat’s leicht?

  • Optimisten – sie sehen die Stunde weniger Schlaf als Bonus-Zeit fürs Leben („Hey, ein Tag mit 25 Stunden!“).
  • Flexible Typen – deren innere Uhr ohnehin denkt: „Was? Schon wieder Dienstag?“

Gesellschaftlich – positiv: Die große Uhr dreht sich weiter

Die Zeitumstellung zeigt uns jedoch auch, wie gut und kollektiv wir funktionieren:
Ein ganzer Kontinent beschließt, eine Stunde früher aufzustehen. Kein Protest. Keine Revolution. Nur ein bisschen Gähnen.
Das ist gelebte Anpassungsfähigkeit, aber auch ein gelassenes gutes Miteinander. Wir können das, wir Menschen! Und das finde ich ganz wunderbar. Gerade in Zeiten wie diesen.

In Unternehmen zeigt sich die Umstellung oft subtil:
Montagmorgen nach der Zeitumstellung steigen Kaffeeverbräuche, Meetings starten mit halbleeren Blicken – und das Wort „Zeiteinteilung“ bekommt eine neue Bedeutung.

Spannend und logisch zugleich: Menschen mit Depressionen oder saisonaler Verstimmung reagieren oft besonders sensibel auf die Lichtveränderung.
Aber auch hier gilt: Wenn man weiß, warum, kann man gegensteuern – mit Bewegung im Tageslicht, Struktur im Schlaf und Humor im Denken. Und mit den ganz eigenen, persönlichen, individuelles Skills, die man vielleicht in der Therapie gelernt hat.


Die positiven Seiten – ja, die gibt’s wirklich!

So oft wird ausschließlich kritisch auf die Zeitumstellung geschaut. Warum eigentlich? Wie alles im Leben gibt es auch bei der Zeitumstellung eine zweite Seite der Medaille. Zeit, sie hier abzurucken. 🙂

  • Frühling & Sommerzeit: Mehr Abendlicht = mehr soziale Aktivität, mehr Vitamin D, mehr Motivation.
  • Winterzeit: Endlich wieder im Einklang mit der Sonne – Biologen nennen das „chronobiologische Entlastung“.
  • Gesprächsanlass: Die Zeitumstellung ist das perfekte Smalltalk-Thema, um Menschen im Büro, im Bus oder beim Bäcker gemeinsam zu vereinen im gepflegten Lamentieren.
  • Bewusstseins-Reset: Viele nutzen so bewusst oder unbewusst zweimal im Jahr den Moment, um über Zeit nachzudenken – etwas, das sonst nur in Meditationen oder Midlife-Crises passiert.

Fazit: Zeit ist eine Frage der Haltung

Ich denke:

Die Zeitumstellung ist deutlich weniger ein biologisches Drama als ein gesellschaftlicher Spiegel:
Sie zeigt nämlich auch, wie unterschiedlich Menschen mit Wandel umgehen:
Die Einen kämpfen dagegen, die Anderen tanzen mit.

Vielleicht liegt genau hier die Chance:
Einmal im Jahr üben wir kollektive psychische Flexibilität – die Fähigkeit, mit Veränderung umzugehen, auch wenn sie uns anfangs nervt.
Und wenn wir das schaffen, schaffen wir vielleicht auch den Rest.

 

Fühlen Sie sich gern eingeladen / Fühle dich gern eingeladen, mir zu schreiben, was Sie denken / du denkst.
Ich freue mich darauf!

 

Quellen, für alle, die tiefer eintauchen mögen:

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