Die Idee: Pause, Rückzug, Erholung
Es sollte eine Pause sein. Ein Rückzug aus dem Alltag. Erholung für Körper und Seele.
Und dann – passiert etwas. Vielleicht zu Hause, vielleicht im eigenen Inneren.
Ein Anruf. Eine Nachricht. Eine plötzliche Erinnerung.
Und die ersehnte Auszeit wird zur Bühne eines inneren Ausnahmezustands.
Gerade Menschen mit traumatischen Erfahrungen oder erhöhter psychischer Belastung kennen das:
Die feine Balance, mit der sie durch den Alltag navigieren, kann durch unerwartete Ereignisse ins Wanken geraten – auch (und manchmal gerade dann), wenn der Körper endlich zur Ruhe kommen dürfte.
Urlaub – eigentlich ein sicherer Ort
Viele meiner KlientInnen erzählen mir von der Sehnsucht nach Ruhe.
Ein Ferienhaus mitten im Nirgendwo. Kein Handyempfang. Keine Termine. Kein „Müssen“. Nur Natur, Stille, vielleicht ein See.
Ein sicherer Ort – so scheint es.
Doch:
Sicherheit ist nicht nur eine Frage der Umgebung. Sie ist auch ein innerer Zustand.
Dieser innere Zustand ist das Ergebnis vieler Erfahrungen – bewusster und unbewusster, körperlicher und emotionaler.
Das bedeutet: Selbst wenn außen alles ruhig scheint, kann es innen stürmen.
Weil der Körper gelernt hat, wachsam zu bleiben.
Weil das System Alarm schlägt – amanchmal getriggert durch äußere Ereignisse, manchmal einfach durch die ungewohnte Ruhe.uch ohne äußeren Grund.
Wenn das Nervensystem auf Alarm schaltet
Neurobiologisch betrachtet kann ein solches Ereignis das autonome Nervensystem blitzschnell in ein Hyperarousal katapultieren – also in einen Zustand:
- erhöhter Aktivierung
- innerer Unruhe
- Schlaflosigkeit
- Herzklopfen
- Muskelanspannung
Für traumabelastete Menschen ist dieser Zustand oft nicht fremd. Doch gerade im Urlaub, wenn das Gefühl der Kontrolle verloren geht, wird er besonders herausfordernd erlebt.
Der Körper versucht zu reagieren – oft mit alten Schutzmustern:
Rückzug, Erstarrung, Überforderung.
Die Erholung ist dahin. Und manchmal bleibt sogar ein Gefühl von Schuld oder Scham:
„Ich hätte mich doch entspannen sollen.“
Was hilft jetzt?
Zunächst:
Es ist nicht Ihre Schuld.
Sie haben nichts falsch gemacht. Ihr Körper und Ihr Nervensystem reagieren auf eine reale – oder als real empfundene – Bedrohung.
Und sie tun das, um Sie zu schützen.
Was jetzt helfen kann, ist die Rückkehr zu kleinen, regulierenden Impulsen.
🌀 Übung: „Sicherer Moment im Jetzt“
Diese Übung kann helfen, sich auch inmitten von Stresssituationen für einen Moment zu stabilisieren:
- Nehmen Sie Ihre Umgebung bewusst wahr.
Sagen Sie sich innerlich:„Ich bin jetzt hier. Ich sitze auf diesem Stuhl. Ich höre die Geräusche um mich herum.“
- Finden Sie drei Dinge, die Ihnen gerade gut tun.
Das kann ein angenehmer Duft, ein warmer Tee oder ein Bild auf dem Handy sein, das gute Erinnerungen weckt. - Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem.
Kein Zwang – einfach beobachten:
– den Luftzug an der Nasenspitze
– das Heben und Senken des Brustkorbs - Beenden Sie die Übung mit einem Satz an sich selbst.
Zum Beispiel:„Ich darf mich kurz halten, bevor ich wieder handle.“
„Es ist okay, dass ich gerade überfordert bin – und ich kümmere mich um mich.“
Was bleibt:
Urlaub ist nicht immer Entspannung.
Manchmal bringt er genau das zum Vorschein, was wir so lange überdeckt haben.
Das kann schwer sein.
Aber es ist auch eine Chance.
👉 Und genau darum geht’s im zweiten Teil:
Wie wir auch im Unerwarteten etwas finden können, das uns stärkt.